In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 kam es in ganz Deutschland und Österreich zu Pogromen gegen Jüd_innen. Mehr als vierhundert Menschen wurden in der Nacht getötet oder in den Selbstmord getrieben. Viele weitere sahen sich Misshandlungen, Angst und Schrecken ausgesetzt. Mehrere hundert jüdische Gotteshäuser und unzählige Geschäfte wurden zerstört, zahlreiche Wohnungen jüdischer Menschen gestürmt und verwüstet. Auch in Osnabrück wurden Menschen Opfer dieser Pogrome. Über hundert jüdische Menschen wurden festgenommen und die Alte Synagoge in Brand gesteckt. Dies alles geschah unter den Augen der deutschen Bevölkerung. Polizei und Feuerwehr griffen nur ein, sobald nicht jüdische Häuser oder Einrichtungen in Gefahr waren.
Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wird auch in der heutigen Zeit noch „Reichskristallnacht“ genannt. Diese Bezeichnung ist vor dem Hintergrund der tatsächlich geschehenen Ereignisse, wie Mord und Misshandlung, mehr als nur relativierend, da nicht nur Fensterscheiben Opfer von Gewalt wurden. Auch kann nicht bloß von einer Nacht gesprochen werden, denn bereits in den Tagen zuvor kam es in einigen Städten und Gemeinden in Deutschland zu antisemitischen Übergriffen und Gewalttaten gegen Jüd_innen. Ab dem 10. November deportierten Gestapo und SS im Zusammenhang mit den Novemberpogromen im ganzen Land ca. 30.000 Menschen in Konzentrationslager.
Die Geschehnisse im November 1938 waren der Übergang von alltäglichen Anfeindungen und gesellschaftlich anerkanntem Antisemitismus zur gezielten Verfolgung und millionenfachen Mord an Jüd_innen in ganz Europa.
Deshalb gedenken an diesem Tag in vielen Städten in ganz Deutschland Politiker_innen, Bürger_ innen und Vertreter_innen verschiedenster Organisationen bis hin zur deutschen Polizei den jüdischen Opfern dieser Pogrome und des gesamten Holocausts.
Dass eine staatliche Institution wie die Polizei, welche bei den Pogromen 1938 und darüber hinaus die Ereignisse zumindest stillschweigend akzeptiert hat oder sogar aktiv daran beteiligt war und auch heute noch durch Verstrickungen mit Faschist_innen auffällt, sich an den Gedenken beteiligt und bis heute nichts aus ihrer Geschichte gelernt hat, können wir nicht akzeptieren.
Auch die mangelnde bzw. nicht vorhandene Strafverfolgung der Täter_innen durch die Justizorgane der BRD lassen uns an einer angemessenen Auseinandersetzung mit der Geschichte zweifeln. Heute noch werden Menschen Opfer von rechter Gewalt und rassistischen Übergriffen. Auch hier scheinen Polizei, Justiz und Verfassungsschutz nach wie vor auf dem rechten Auge blind zu sein oder decken und unterstützen die Täter_innen sogar.
Aus diesen Gründen beteiligen wir uns nicht an dem von der Stadt Osnabrück organisierten Gedenken, sondern möchten unabhängig der vielen bekannten und unbekannten Menschen, die zu Opfern der nationalsozialistischen Ideologie wurden, gedenken, erinnern und mahnen, auf dass sich die Gräueltaten nie wiederholen.
Nie wieder Faschismus!
Bündnis für ein alternatives Gedenken zum 9. November (2012)
Freitag, 9. November 2012
Alternatives Gedenken zum 9. November
Kundgebung am Jürgensort (L+T, Fußgängerzone), 17.30 Uhr
By [AAOS] April 30, 2013