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Kurze Skizzierung der Naziszene in und um Osnabrück

Zwar gibt es den NPD[i]-Kreisverband sowie den Ortsverband GM-Hütte schon seit Jahrzehnten, doch fielen sie eher marginal in der Öffentlichkeit auf. So veranstalteten Anhänger Anfang der 90er Infostände in Osnabrück oder fiel durch einen Landesparteitag 1993 am Dörenberg auf. Doch ab dem Naziaufmarsch im Oktober 1999, angemeldet von den Jungen Nationaldemokraten (JN, Jugendorganisation der NPD), gegen die Ausstellung ,,Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944″[ii] unter dem Motto ,,Stoppt die antideutsche Hetze – keine Ruhe für die Schandausstellung“ , lässt sich eine qualitative wie auch quantitative Steigerung der Naziszene erkennen.

Dem Aufruf zum Aufmarsch in Osnabrück folgten 300-350 Nazis begleitet von 750 PolizistInnen. Obwohl durch dieses große Polizeiaufgebot geschützt, welches hart gegen die antifaschistischen Kräfte vorging, gelang es den 800-1000 GegendemonstrantInnen die Route der Nazis auf nur einige hundert Meter zu verkürzen. Wie auch bei vorangegangenen Demonstrationen bundesweit meldete die NPD bzw. JN an und insbesondere freie Kameradschaften beteiligten sich. Die sogenannten ,,freien Kameradschaften“ sind relativ lose Zusammenhänge von ca. 5-25 Mitgliedern, welche sich in der Regel durch ihre Militanz auszeichnen. Ein Hauptaufgabenfeld dieser Zusammenschlüsse besteht unter anderem in der Anti-Antifa-Arbeit (sammeln von Daten über AntifaschistInnen), rechte Jugendliche weiter zu politisieren, natürlich auch in direkten Aktionen jeglicher Art, des weiteren dienen sie als Rekrutierungsfeld für rechtsextreme Parteien. Diese Art der Organisationsform,  entwickelte sich Mitte der 90er Jahre, nachdem, als Reaktion auf die Pogrome[iii], in Hinsicht auf  das Ansehen Deutschlands im Ausland, einige Gruppen wie die Deutsche Arbeiterpartei, Nationale Front, Nationale Liste, etc. verboten wurden. Der Vorteil der Kleingruppen liegt darin, dass sie schwieriger juristisch zu fassen sind, aber auch die Strukturen nicht so leicht zusammenbrechen, durch Verbote einzelner Gruppen oder durch die Verhaftungen von Kadern. Aber natürlich profitierten auch rechtsextreme Parteien, vor allem die NPD, durch diese Verbote, da sie als Sammelbecken für die Mitglieder der verbotenen Organisationen dienten.

Ungefähr ein halbes Jahr nach dem Nazi-Aufmarsch gründete sich in Osnabrück die ,,Kameradschaft Teutoburger Wald“ (KTW), mit Mitgliederüberschneidungen zur ortsansässigen NPD. Kurz zuvor am 15. April 2000 fand ein von Blood&Honor[iv] organisiertes Konzert in Halen mit über 500 TeilnehmerInnen statt, nicht einmal zwei Monate später am 8. Juli ein zweites in Hasbergen mit 250 Nazis. Nicht außer acht zu lassen ist, dass vor allem Musik bzw. Konzerte ein wichtiges Mittel sind, um junge Leute in die rechte Szene zu integrieren und zu politisieren. Weitere Anlaufstelle war und ist der städtisch geförderte Nazi-Treff in Voxtrup. Der Jugend-Keller in der Margarethengemeinde der jeden Donnerstag einschlägiges Klientel aufweist und von einem Sozialarbeiter betreut wird, dient Nazikadern zur Rekrutierung.

Um die Strukturen in Osnabrück und Umland zu festigen plante die NPD im August 2000 eine Schulung mit Christian Worch, Führer der ,,freien Kameradschaften“ und Holger Apfel, stellvertretende NPD-Bundesvorsitzender. Da dieses AntifaschistInnen im Vorhinein bekannt war konnte zumindest verhindert werden, dass die Veranstaltung wie Ursprünglich geplant im NPD-Zentrum am Harderberg stattfand. Allerdings wurde sie höchst wahrscheinlich an einem anderen Ort abgehalten. Da Christian Worch sich vor allem mit der Anti-Antifa-Arbeit beschäftigt ist es auch nicht verwunderlich, dass am 25. November 2000 auf einer Bündnisdemonstration gegen Rechts Nazis am Straßenrand auftauchten und die versuchten TeilnehmerInnen der Demo abzufilmen. Ihnen konnte aber sehr schnell nonverbal vermittelt werden, dass sie dieses zu unterlassen hätten.

Schwerpunkte der Arbeit von NPD und Kameradschaft im letzten Jahr in dieser Region waren sicherlich die NPD-Infotische. Im Mai 2001 viel der Startschuss zu einer Serie von Infoständen, welche fast monatlich in Osnabrück und im Landkreis gemeinschaftlich von NPD und KTW durchgeführt wurden. Gegen den ersten Tisch dieser Serie protestierten in Bramsche im Mai 2001 40 Menschen, in dessen Verlauf dieser zu Bruch ging. Auch die folgenden Tische konnten meist in Erfahrung gebracht werden und so sahen sich die 15-20 FaschistInnen immer einer Gruppe von GegendemonstrantInnen gegenüber. Die Polizei sah sich deshalb anfangs gezwungen die Stände abzuriegeln, so dass den FaschistInnen die Möglichkeit genommen wurde ihre menschenverachtende Propaganda zu verteilen. Doch änderte sich die Taktik der Polizei schnell, so wurden die Tische immer weiträumiger abgeriegelt und ein Herankommen der DemonstrantInnen auf näher als 50 Meter oft unmöglich gemacht. Auch wurden AntifaschistInnen weit von den Ständen entfernt abgefangen,  ,,einfach Erkennungsdienstlich“ (ohne Fingerabdrücke) behandelt und mit Platzverweisen belegt. Insgesamt spielte sich die Organisation zwischen Nazis, Stadt und Polizei gut ein. So gab es Koordinierungsgespräche vor einigen Ständen, um zu klären wie die FaschistInnen am besten zum Ort des Standes gelangen (z.B. mit freundlicher Unterstützung der Stadt-Busse), bzw. die Tische im ganzen erfolgreich (für die FaschistInnen) ablaufen können.

Am Beispiel der Infostände lässt sich auch die Vernetzung der Nazis verdeutlichen. So nahmen z.B. Robert Warnecke aus Bremen, Matthias Ries, ehemaliges Wiking-Jugend Mitglied, aus Münster, Sandy Ossenkop[v] Kreisvorsitzender der NPD in der Region Schaumburg, aber auch Mitglieder andere freier Kameradschaften, wie dem Nationalen Widerstand Ostfriesland an den Tischen teil. Im Gegenzug half ,,unser“ Kreisverband und der Nationale Widerstand Osnabrücker Land (wie die KTW seit Herbst 2001 heißt) bei anderen Ständen wie in Amelsbüren bei Münster aus. Auch spiegelt die Teilnahme des NWOSL am sogenannten Knüppelgang am 21. September 2002, der eine Art Orientierungslauf für FaschistInnen darstellt, an dem sich Gruppen aus ganz NRW beteiligten ihre guten bundesweiten Kontakte wieder.

Insgesamt ist auch das militante Potential der Faschisten nicht zu unterschätzen, auch wenn der momentane Schwerpunkt die Öffentlichkeitsarbeit ist. Des weiteren versuchten 40-60 FaschistInnen im August 2001 eine Veranstaltung über Rechtsextremismus anzugreifen, welches nur aufgrund von Straßensperrungen durch die Polizei verhindert wurde. Seitdem werden alle Veranstaltungen dieser Art von einem großen Polizeiaufgebot (ungefragt) begleitet, was in den Jahren zuvor nicht der Fall war. Auch wurde der AZ-Wagenplatz von rechtextremen Hooligans von einer Party am Ziegenbrink angegriffen und im August 2001 wurde ein Faschist aus Lienen (NRW), welcher dem Umfeld des NWOSL zuzurechnen ist, verhaftet, der einen Bombenanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft geplant hatte (die Rohrbombe war bereits fertiggestellt). Dieses sind nur einige plastische Beispiele für die Aktionen der Faschisten in der Region, weiteres lässt sich aus der Chronik entnehmen (siehe Zwille Nr.1).

Es sollte klar geworden sein, dass eine Naziszene in bzw. um Osnabrück existiert, welche eine bundesweite Vernetzung hat, insbesondere nach NRW. Des weiteren ist die Anzahl der organisierten Nazis, wie auch des anpolitisierten Umfeldes steigend. Nicht nur die FaschistInnen selbst, sondern auch die Polizei hält die Szene ohne weiteres für aufmarschfähig in Osnabrück.

Deswegen: Sich den Nazis konsequent entgegen stellen, für die Vermittlung eines antifaschistischen Weltbilds!

Weg mit dem NWOSL! Nie wieder Faschismus!


[i] Nationaldemokratische Partei Deutschland

[ii] gastierte vom 29.09.1999 – 31.10.1999 in Osnabrück, in jeder Stadt kam es zu Aufmärschen gg. die Ausstellung; bei der Eröffnung in München im März 99 beteiligten sich über 5000 Rechte

[iii] Anfang der Neunziger gab es Tagelange Ausschreitungen in Mölln, Hoyeswerder, Rostock und anderen Städten gegen Flüchtlingsheime und GastarbeiterInneneinrichtungen

[iv] Blood & Honor Germany vertreibt rechtsextreme Musik und organisiert Konzerte, trotz des Verbotes ende 2000 kaum geschwächt

[v] befindet sich seit April 2002 , auf der Flucht, da er an einer Entführung eines linken Jugendlichen beteiligt war