Freiheitsstrafe nach Pfefferspray-Attacke
Ausländisches Ehepaar angegriffen
NOZ v. 21.4.2012
hmd Osnabrück/Georgsmarienhütte. Wer hat zuerst provoziert und wer hat attackiert? Ein 50-jähriger GMHütter war in erster Instanz wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. In der Berufungsverhandlung sah das Landgericht Osnabrück den Angeklagten ebenfalls als Urheber einer Auseinandersetzung. Allerdings reduzierte es das Strafmaß um zwei Monate.
Das Amtsgericht Bad Iburg hatte bei dem GMHütter eine „massive rechte Gesinnung“ festgestellt. Bei einem Vorfall am 20. Juli vergangenen Jahres war er in Holzhausen mit einem ausländischen Ehepaar aneinandergeraten, in dessen Verlauf er dem 42-jährigen Mann Pfefferspray ins Gesicht sprühte. Der Angeklagte sagte allerdings aus, dass die Provokationen von seinem Kontrahenten ausgegangen seien und er wegen einer drohenden Messerattacke in Notwehr gehandelt habe. Möglicherweise sei ihm während des Streits „Scheiß Kanaken“ herausgerutscht. Der 17-jährige Sohn des Angeklagten bestätigte fast wortwörtlich die Darstellung seines Vaters, wollte aber noch nicht einmal eine Beleidigung von diesem gehört haben. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch und forderte im Falle einer Verurteilung Bewährung.
Das Gericht erkannte allerdings auf „Verschwörungstheorien“: Der Kammer erschien es nicht als glaubwürdig, dass das spätere Pfefferspray-Opfer ohne Anlass die Straßenseite gewechselt habe, um den 50-Jährigen zu beleidigen. Ebenso wenig konnte sie nachvollziehen, dass der jüngere Mann anschließend dem Angeklagten gefolgt sei, um ihn noch mit einem Messer zu attackieren.Die Staatsanwaltschaft, die ebenfalls Berufung eingelegt hatte, forderte gar eine zehnmonatige Gefängnisstrafe. Sie war davon überzeugt, dass der GMHütter provoziert habe.
Erschwerend kam für den GMHütter hinzu, dass er erst zwei Tage vor dem Vorfall vom Landgericht Osnabrück zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt worden war. Das Gericht konnte bei dem Angeklagten außerdem keine positive Sozialprognose feststellen, die eine Bewährung gerechtfertigt hätte. Der in zweiter Ehe verheiratete Mann ist derzeit wohnungslos, da ihm vom Vermieter Hausverbot erteilt worden war.
Allerdings erkannte das Gericht auch auf eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten. Hier spielte nicht nur der Alkohol herein – bei dem Angeklagten wurden nach der Tat 1,17 Promille festgestellt –, sondern auch eine Persönlichkeitsstörung wegen eines frühkindlichen Hirnschadens. So hatte ein Gutachter intellektuelle Leistungseinbußen, stark herabgesetztes Selbstwertgefühl und mangelnde Beherrschung festgestellt.