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Redebeitrag zum Naziaufmarsch am 24.2.2005 in Osnabrück

Hallo,

wir begrüßen alle die sich heute aufgemacht haben, um gegen den Naziaufmarsch in Osnabrück zu demonstrieren. Es darf niemals ignoriert werden, wenn Nazis unverholen ihre menschenverachtende Gesinnung zur Schau stellen und versuchen Boden gut zu machen mit ihren vermeintlichen Antworten auf die strukturellen Probleme dieser Gesellschaft.

Ihre Antwort heißt:
Antisemitismus – in dem sie eine Weltverschwörung von raffgierigen geldgeilen Schattengestalten projezieren. Die sie meinen in den Juden gefunden zu haben, welche die Welt angeblich als Spielball benutzen. Ihre Lösung hieß und heißt Massenmord.
Ihre Antwort heißt:
Rassismus – in dem sie Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe oder Herkunft, als Untermenschen klassifizieren und sich daher das Recht nehmen diese totzuschlagen.
Ihre Antwort heißt:
Völkischer Nationalismus – in dem sie sich in ihrem rassistischen Wahn ein Volk zusammen konstruieren, dessen Reinheit es zu erhalten gilt, es vor anderen Kulturen zu schützen gilt, egal durch welche Mittel.
Ihre Antwort heißt:
Sexismus – in dem sie den Verfall der Werte anprangern und Frauen lediglich als Gebärmaschinen zurück an Heim und Herd bringen wollen.

Diesem gilt es sich klar entgegen zu stellen, denn so simpel es ist, es bleibt dabei: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Verharmlosungen, sei es von Seiten des Staates oder bürgerlichen Kräften und Medien, dienen nur dem Erstarken der zutiefst reaktionären Kräfte. So unter anderem geschehen durch die Osnabrücker Polizei bzw. der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, welche die NPD als Saubermänner darstellt und nicht als das was sie sind: Verbrecher!
Auch wenn heute hoffentlich ein deutliches Zeichen gegen die Nazis gesetzt wird, so darf morgen der Kampf gegen den Faschismus in Osnabrück nicht enden. Denn in und um Osnabrück existiert eine gut organisierte Naziszene, auf die sich der Landesverband der NPD stützen kann. Die Szene erhielt einen gewaltigen Zulauf nach dem Naziaufmarsch 1999 gegen die sogenannte „Wehrmachtsausstellung“ hier in Osnabrück. Neben dem bereits schon existierenden Kreisverband der NPD gründete sich eine Kameradschaft. Beide Gruppen organisierten zusammen verschiedenste Veranstaltungen, seien es Vorträge mit bundesweit bekannten Nazikadern, wie dem ehemaligen NPD-Vorsitzenden Günther Deckert oder dem Deutschen Stimme Redakteur Jürgen Schwab. Sie richteten mehrere Rechtsrock Konzerte aus, die sie gerade für die Gewinnung von neuen jungen Mitgliedern nutzen. Oder aber sie trugen ihre braune Propaganda direkt auf die Straße, in dem sie 2001/2002 fast monatlich Infostände in und um Osnabrück durchführten.
Sich entfalten und ihre Aktionen planen, können sie unter anderem in dem sogenannten „NPD-Zentrum“ am Harderberg, das durch Veranstaltungen nicht nur Kameraden aus Münster und Norddeutschland, mit denen die Osnabrücker gut vernetzt sind, sondern auch bundesweit Nazis anzieht.
Aber auch um ihre Jugendarbeit müssen sich die hiesigen Nazis kaum Gedanken machen. Diese erledigt teilweise sogar die Stadt für sie. So treffen sich jeden Donnerstag Faschistinnen und Faschisten in Voxtrup in einem städtisch geförderten Jugendkeller, in der Margaretengemeinde, in dem die allgemein als gescheitert angesehene „akzeptierende Jugendarbeit“ ausgeübt wird. Um ein weiteren Zulauf für die Faschisten hier zu unterbinden, heißt eine unausweichliche Antwort: Das „NPD-Zentrum am Harderberg und den Faschotreff in Voxtrup dichtmachen!

Aber wir wollen heute nicht nur gegen die Nazis demonstrieren, denn sie sind nur die Spitze des Eisbergs – die extremste Ausformung der völkischen, antisemitischen, rassistischen, sexistischen und kapitalistischen deutschen Verhältnisse.
Wir richten uns gegen das forcierte neue Verständnis von Deutschland, welches seit der Wiedervereinigung extrem propagiert wird. Nein, wir sind alles andere als stolz auf eine Nation, welche zwei Weltkriege begann, um ihre Großmachtinteressen zu befriedigen. Welche sechs Millionen Menschen industriell vernichtete. Und welche jetzt meint mit ihrer Vergangenheit gebrochen zu haben. Unter dem Deckmäntelchen von Menschenrechten und Verantwortungs-Blabla wieder Kriege führt, dabei aber nur ihre eigenen Großmachtinteressen weiter verfolgt.
Migrantinnen und Migranten wie Menschen zweiter Klasse behandelt, durch Sondergesetzgebungen, ihnen die Bewegungsfreiheit nimmt, sie unter Sozialhilfe unterstützt. Durch rassistische Kontrollen schikaniert und sie in Elend, Folter und Tod abschiebt. Menschen nach der kapitalistischen Verwertbarkeitslogik einteilt. Menschen die materielle Existenzgrundlage entzieht, wenn sie nicht bereit sind jeden Job anzunehmen, egal in welcher Stadt, egal unter welchen Bedingungen. Ihnen teilweise die medizinische Versorgung verweigert. Den ersten Toten der Gesundheitsreform gab es schon kurz nach ihrer Einführung Ende Januar in Hameln, da sich ein Mann das gestrichene Geld für die Taxifahrt zur Dialyse nicht leisten konnte.
Die Widersprüche des Systems waren selten so gut zu erkennen wie jetzt. Während sich das pro Kopf Einkommen in den letzten Jahren um ein vielfaches vermehrt hat, gibt es für den Staat nur eins: kürzen und zwar beim „sozialen Netz“. Aber dies tut das System nicht ohne Vorkehrungen zu treffen. Oder habt ihr euch noch nicht gefragt warum, gerade jetzt, auf die nationale Karte gesetzt wird, der „nationale Kraftakt“ beschworen wird. Die Sicherheitsgesetze immer schärfer werden, über den Bundeswehreinsatz im inneren diskutiert wird oder aber Osnabrück den größten Polizeieinsatz, seiner Geschichte, wegen ein paar Nazis erlebt? Der Staat übt schon mal, wie es in Zukunft mit den zu erwartenden Protesten von Menschen umgeht, die in ihrer puren Existenz gefährdet sind.
Gerade in dieser Situation ist es wichtig den nationalen Konsens anzugreifen! Die tief verankerten Verbindungen unserer Gesellschaft zur braunen Ideologie aufzudecken und sich dieser entgegenzustellen. Lasst nicht zu, dass Nazis hier oder anderswo ihre menschenverachtende Propaganda auf die Straße tragen und weiter Fuß fassen.

Organisiert die antifaschistische Selbsthilfe! Nie wieder Faschismus!